Donnerstag, 19. Februar 2015

Februar in Polen


Der polnische Name von Februar ist luty, was vom Adjektiv „frostig“ abgeleitet wird.
 Quelle: ceo.org.pl

Der kürzeste Monat gibt allen genügend Möglichkeiten zum Feiern - es läuft doch karnawał (Karneval). Gerne trifft man sich auf einem Tanzball, auch mit Masken und Kostümen (bal maskowy). Erwähnen muss man auch babski comber (Weiberfasching), d.h. einen Ball nur für Frauen.

 Babski comber in Jaśkowice

Quelle: garnek.pl

Am Donnerstag vor Aschermittwoch feiert man in Polen Tłusty Czwartek - den sog. Fetten Donnerstag. Eine ungeschriebene Regel an dem Tag besagt, dass man mindestens einen Berliner (pączek) essen soll. Die Konditoreien arbeiten auf Hochtouren! Die runden Backwaren werden en masse von Schulen wie auch von Betrieben bestellt, dazu noch von privaten Kunden.

Tłusty Czwartek in einer polnischen Konditorei

Quelle: rc.fm

In den letzten Jahren versuchen sich immer mehr Frauen und HobbybäckerInnen im Krapfenbacken, wobei es eigentlich um Frittieren im Topf mit Fett geht. Einst fast verpönt, weil als Kalorienbombe abgestempelt, erfreut sich der Berliner wieder einer großen Beliebtheit, die mit der Mode auf Kochen, Backen und Selbstgemachtes kam.

 Pączki z różą

Quelle: mojewypieki.com

Der polnische Krapfen unterscheidet sich von seinem deutschen Cousin ein wenig. Klar, alle Discounter bieten auch eine „internationale“ Variante an, aber hier meine ich was anderes. Pączki die ich vermisse, sind dunkelbraun, haben eine Kruste aus Zuckerglasur und einen hellen Ring, der beim frittieren entsteht. Sie sind saftig und sehr, sehr fettig. Was ich bei dem meisten Gebäck dieser Art abstoßend finde, ist der Beigeschmack des Frittiertfettes. Zum Frittieren eignen sich am besten Schweineschmalz oder ein normales Öl. Ganz traditionell werden pączki mit Hagebuttenkonfitüre (dzika róża) gefüllt, aber im Handel kann man auch Versionen mit Pudding, Eierlikör und anderen Marmeladen kaufen. An dem Tag ist schlemmen durchaus erlaubt. :)



Von oben: oponki, róże karnawałowe, chrusty (faworki)

Quellen: malacukierenka.pl; najsmaczniejsze.pl; pichcenie.pl

Populär sind auch andere Gebäckarten, wie faworki/chrusty (Raderkuchen) - hauchdünne geschlungene Mürbeteigstreifen mit Puderzucker, die ebenfalls frittiert werden, róże karnawałowe (in Form einer Rose mit Marmelade) sowie wie Donuts aussehende oponki aus Quarkteig.

 Quelle: dj-magic.pl

Die Tage bis zum Aschermittwoch (Środa Popielcowa/Popielec) nennt man ostatki, wörtlich übersetzt: Reste, d.h. die restlichen Tage des Karnevals.

Der letzte Karnevalsdienstag heißt śledzik, was „Hering“ bedeutet. Der Fisch wurde früher um Mitternacht serviert, als ein Zeichen der Fastenzeit. Heutzutage speist man ihn gerne als Matjes mit Sahnesauce und Kartoffeln oder als Brathering am Aschermittwoch.

 Popielec

Quelle: dziennikparafialny.pl

An dem Tag isst man nämlich kein Fleisch und begibt sich in die Kirche, um sich den Kopf mit Asche bestreuen zu lassen (posypać głowę popiołem). In den 40 Tagen der Fastenzeit (Wielki Post) werden tatsächlich keine großen Feste gefeiert. Vielerorts ermuntern die Priester die Gläubigen, gute Vorsätze zu machen.


 Bassbegraben in Krzanowice

Quellen: nowiny.pl; naszraciborz.pl

In meiner oberschlesischen Heimat pflegen noch viele Gemeinden den Brauch des Bassbegrabens (pogrzebanie basa). Auf der letzten Karnevalsparty wird der Kontrabass oder die Tuba (beides bezeichnet man in der Mundart als bas) offiziell „beerdigt“ - mit einem Kreuz, verkleidetem Pfarrer, Trauerzug, Chor und Sarg. Sogar eine Witwe und Ministranten dürfen nicht fehlen. Die Beerdigung hat ihre symbolische Bedeutung: ab jetzt ist Schluss mit der Fröhlichkeit und Musik, was während einer Trauerrede noch unterstrichen wird.

 Pogrzebanie basa in Źlinice

Quelle: nto.pl

 Eine ähnliche Feier in Karłubiec bei Gogolin. Der aufmerksame Betrachter sieht hier bayerische und holländische Trachten. Sie werden von vielen in Deutschland und Holland arbeitenden Schlesiern gekauft und als Kostüm getragen - auf Maskenbällen und, manchmal, zum Erntedankfest (!). Sie gelten wohl als schicker als die einheimische schlesische Tracht.

Quelle: karlubiec.pl

Seit einigen Jahren veranstaltet man in manchen oberschlesischen Ortschafen, wo die Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen aktiv ist, auch Rosenmontagsbälle nach dem rheinischen Vorbild. Die Veranstaltungen nennt man einfach Rosenmontag. In Prószków geht man schon soweit, dass man sogar einen lokalen Elferrat organisiert, der allerdings Polnisch spricht. Warum, wenn es so viele schöne und einheimische, oberschlesische Bräuche (den Mitgliedern bestens vertraut - ob deswegen weniger attraktiv?) gibt, muss man sich ausgerechnet an der rheinischen Tradition orientieren? Leider verstehe ich das nicht. Oder doch? Nicht ohne Grund sagt man „päpstlicher als der Papst sein“…


 Rosenmontag der Gemeinde Prószków

Quellen: folwark.org; static.proszkow.org

Zugegeben, das andere Fest, das in Polen gefeiert wird, ist ebenfalls westlicher Herkunft. Von walentynki (Valentinstag) ist die Rede. Im Kommunismus war der 14. Februar ein ganz normaler Tag. Nach der Wende eroberte der Tag der Liebe polnische Herzen - vor allem junge und verliebte. Ältere Menschen halten in der Regel nichts davon, genau wie diejenigen, die für ein rein polnisches Pendant des Valentinstages plädieren. Für heidnische Slawen war die Mittsommernacht (noc świętojańska) ein Fest der Liebe. Die Sankt-Johannes-Nacht wird den Valentinstag wohl nie ersetzen. Um den 14. Februar blicken aus fast jedem polnischen Schaufenster rote Herzen und Rosen. Dessous, Düfte, Schmuck und Blumen verkaufen sich gut und Kneipenbesitzer freuen sich auf volle Läden.


 Polnische Schaufenster um den 14. Februar

Quellen: krosno24.pl; krotoszyn.naszemiasto.pl

Im Januar und Februar dürfen alle Schulkinder ihre zweiwöchigen Winterferien (ferie zimowe) genießen. Die Termine waren jahrzehntelang für das ganze Land gleich, dann wurde dies geändert.

 Ein obligatorisches Klassenfoto von der Studniówka-Party

Quelle: tygodnikzamojski.pl

Auf die zwei Wintermonate fallen auch Bälle, die man als studniówka kennt - ungefähr hundert (sto) Tage vor dem Abitur (daher der Name). Der Erfolg beim Abitur (matura) ist sehr wichtig, denn eine bestandene Prüfung gilt allgemein als ein Must-have des kultivierten Menschen, obwohl es immer wieder Stimmen gibt, die meinen, dass das Abitur-Niveau heutzutage so  niedrig ist, dass diese Reifeprüfung nichts Wert ist.

Studniówka lässt sich mit dem deutschen Abiball vergleichen, ich bin aber der Meinung, dass es fröhlicher ist. Alleine deswegen, dass sie noch vor den Prüfungen stattfindet, somit wird der Spaß durch den eventuellen Misserfolg nicht getrübt.


 Polonez

Quellen: nowiny24.pl; idziemy.com.pl

Die Party wird mit dem Tanz namens polonez eröffnet, die Schritte übte man fleißig schon seit Wochen. Er hat aber wenig damit zu tun, was die Deutschen unter der Polonaise verstehen, schon aufgrund der förmlichen Stimmung und einer Reihe von einstudierten Figuren.

Alle Mädchen tragen an dem Tag elegante Roben und Stöckelschuhe, aufwändige Frisuren und Make-ups sind ein Muss. Jungs tragen natürlich Anzüge. Man darf eine Begleitung einladen, was selbstverständlich für Gesprächsstoff sorgt („Mit wem kommt sie/er wohl?“). Alle Lehrer sind eingeladen, dazu auch manche Eltern.

Czerwone majtki der Mädchen

Quelle: se.pl

Da Polen allgemein ziemlich abergläubisch sind, sind auch mit studniówka und matura zahlreiche „Vorschriften“ verbunden, die das Glück garantieren sollen. Die Mädchen sollen z.B. unter dem Ballkleid rote Slips (czerwone majtki) tragen, die später nochmals beim Abitur getragen werden. Ob das Gerücht, dass diese am besten ungewaschen (!) sein sollen, stimmt, weiß ich nicht. Da ich damals schwarze Unterwäsche trug, konnte ich nur auf mein Glück und meine Intelligenz zählen. ;)

 Czerwone podwiązki

Quelle: balujemy.eorstoleka.pl

Seit einiger Zeit sind auch rote Strumpfbänder (czerwone podwiązki) populär. Bilder mit einer Reihe von Abiturientinnen, die ihre Kleider hochkrempeln und sie zeigen, sind obligatorisch!

Aber auch Jungs wissen, wie man sich helfen kann. Man sollte z.B. auf gar keinen Fall seine Haare vor dem Abitur schneiden lassen, um sein Wissen nicht zu verlieren. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im Mai. :)

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